Ich verstehe das Leben immer noch nicht. Mit viel Ironie und schlechtem Humor versuche ich es zu meistern. Den kleinen Problemen des Alltags stelle ich mich furchtlos entgegen und weine nächtelang wegen der Großen.
Alles in der Hoffnung, mir nicht eines Tages den Kopf zu rasieren und ohne Unterwäsche aus dem Auto zu steigen. Ach, was wären wir alle nur ohne Hollywoodskandale?
Über Kritik zu meinem Versagen in Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung würde ich mich tatsächlich freuen.

Samstag, 11. Mai 2013

Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt


Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt

to Anna

Heute möchte ich eigentlich zwei Dinge erzählen, einmal möchte ich von zwei Erlebnissen, die ich auf der Zeil in Frankfurt hatte, berichten und dann übers Wetter reden. Man kann nie genug über das Wetter reden. Aber alles von Anfang an:

Ich oute mich jetzt als einer dieser kaltherzigen, egoistischen Menschen, die den Großteil von Bettlern auf der Straße ignoriert. Ich geh sogar noch weiter und sage, dass ich von ihnen teilweise wirklich genervt bin. Damit meine ich, dass ich es schrecklich finde, wenn ich eine Dose in der Hand halte und aus ihr trinke, mir auf einmal ein Mann hinterher rennt und mich alle zwei Minuten fragt, ob ich endlich fertig wäre. Für mich persönlich grenzt das fast an Belästigung. Oder die Menschen, die in der Fußgängerzone sitzen und ihre verwundeten, verkrüppelten – gibt es einen netten Weg verkrüppelt zu sagen? – Körperteile so präsentieren, dass man sie sehen muss. Wozu? Soll das mehr Mitleid erregen? Soll ich eher bereit sein, Menschen Geld zu geben, die eine Art Behinderung haben? Soll ich ab sofort Rollstuhlfahrern mein Geld in die Hand drücken? Schließlich sind sie ja benachteiligt, zumindest versucht man mir das doch klar zu machen. Natürlich ist mir bewusst, dass sie damit ausdrücken möchten, dass sie nicht selbst für sich sorgen können. Was mich aber wieder dazu bringen würde, jedem Menschen mit Behinderung Geld zu schulden. Mir geht es einfach darum, soll ich sie anders behandeln als andere Menschen, die um Geld bitten, nur weil sie auch körperlich eingeschränkt sind? Das klingt für mich irgendwie nicht richtig. Ich behandle nicht-arme Behinderte doch auch nicht anders, sondern als ganz normale Menschen. Wieso ändert sich das, wenn sie um Geld bitten? Wieso muss/soll ich sie dann anders behandeln, ihnen mehr geben als anderen?
Bevor man mich jetzt für den Anti-Christen hält: Ich gebe meine Pfandflasche öfters an die Männer ab, die Flaschen aus dem Mülleimer ziehen und nie auf die Idee kämen mich nach meiner zu fragen. Ich gebe Lebensmittel und volle Getränkeflaschen, die ich manchmal einfach kaufe, weil ich im Kaufrausch war oder eben etwas kaufen musste um ein Klo verwenden zu dürfen, oft an die Obdachlosen ab, die an der Zeil „wohnen“ und nie nach Geld fragen. Oder wenn ich mir einen Snack eingepackt hatte und dann merke, ich habe doch keinen Hunger. Ich schmeiße relativ hohe Geldsummen in die Hüte oder Instrumentkisten von Straßenmusikern, die ich für gut erachte. Ich weiß nicht wieso, aber ich fühle mich einfach nicht wohl dabei, Menschen die um Geld so penetrant betteln, Geld zu geben. Vielleicht liegt es an den ganzen Horrorstorys über „osteuropäische Bettlerbanden“ [Vorsicht! Stigmatisierung!] oder vielleicht bin ich doch der Anti-Christ. Und mir ist durchaus bewusst, was für eine Überwindung es sein muss, nach Geld zu fragen. Ich kann nicht mal Geld oder Lebensmittel von Freunden annehmen, wenn sie mich unterstützen wollen, weil ich am Ende des Monats wegen irgendwelcher dummer Zufälle absolut Pleite bin. Wie schlecht muss es einem also gehen, wenn man wildfremde Menschen danach bittet? Natürlich muss man diesen Menschen irgendwie helfen, aber im Gegensatz zu den Obdachlosen von denen ich gerade erzählt habe, weiß ich, dass zumindest ein Bettler auf der Zeil eine Wohnung hat, zu der er jeden Abend fährt und dort schläft. 
Long story short: Letzte Woche hab ich zwei Dinge mit besagter Personengruppe erlebt, die mich sehr nachdenken ließen: Ich lief mit einer Freundin an einem recht jungen auf der Straße lebendem Mann vorbei. Der war gerade dabei aufzustehen, weil ein Mann seine fast aufgeraucht Zigarette hatte fallen lassen. Könnt ihr mir folgen? Junger, obdachloser Mann steht auf, weil er die fast aufgeraucht Kippe eines anderen aufheben und rauchen möchte! Und mit fast aufgeraucht meine ich, so viel, dass vielleicht noch ein oder zwei Züge drin sind. Nichts wofür irgendjemand, der das hier liest, auch nur einen Blick verschwendet hätte. Das war das vermutlich traurigste, was ich in meinem Leben jemals gesehen habe. Wir haben ihm dann eine frische Zigarette angeboten. Natürlich ist es nicht gut Süchte zu unterstützen blablabla. Ich verbuche es dennoch unter guter Tat.
An einem anderen Tag, sonnig und warm, saß ich an der Zeil und hab für die Uni gelernt und das Wetter genossen. Auf jeden Fall stand dort dann ein Mann, der seiner Frau – mit vermutlich gemeinsamer Tochter – erklärt hat, warum er sie geschlagen hat. „Du hast mich provoziert. Immer weiter. Das heißt, dass du dir eine fangen willst. Bei Männer ist das so, wenn du provozierst. Irgendwann schlagen wir. Du sollst mich halt nicht provozieren. Das ist die Natur des Mannes, der muss dann zuschlagen!“ Man kann sich vorstellen, ich hätte am liebsten gekotzt. Einer der Obdachlosen, denen ich ab und an etwas zu Essen geben, hat das Gespräch auch mitbekommen und mit einem lauten „Man schlägt keine Frauen, du bist kein Mann!“ kommentiert. Ehrlich, Applaus. Dieser Mann hat meinen ganzen Respekt. Ich hatte viel zu viel Angst vor diesem Typen um irgendwas zu sagen, daher ziehe ich meinen Hut. Und ist es nicht unglaublich traurig, dass ein Mann, der auf der Straße lebt, mehr Ahnung von richtig und falsch hat, als ein nicht-obdachloser Mann mit Kind? Können wir über unsere Gesellschaft kurz nachdenken?

Themenwechsel: Deutschland kennt nur noch zwei Extreme: Höllenfeuer-Hitze und antarktische Kälte. Ich bin mir nie sicher, ob ich einen Rock tragen soll oder die Winterjacke wieder hervor kramen möchte. Meistens wechselt es ja auch von einem Tag zum nächsten. Und damit ist Deutschland eine viel zu treffende Metapher für mein Leben. Ich bin himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Morgens komme ich kaum aus dem Bett und Abends nicht mehr rein. Ich verbringe mein Zeit entweder auf der Arbeit oder in der Uni oder ich lerne für die Uni. Das erklärt auch die deprimierend kleine „books 2013“ Liste. Wenn ich wüsste, wann ich lesen soll, würde ich es durchaus tun.
Aber zurück zu meinem Monolog des Selbstmitleids: Ich bin so unglücklich wie schon lange nicht mehr und traurigerweise gibt es nicht mal einen Grund dafür. Im Grunde sammle ich first world problems [vielleicht gehe ich in einem anderen Post mal näher darauf ein] und steigere mich in sie hinein, z.B. das ich dieses Jahr kaum Bücher gelesen habe, das meine Wohnung aussieht wie shit und ich einfach keine Zeit finde, sie aufzuräumen. Andererseits werde ich langsam doch etwas glücklicher mit mir selbst. Ich treibe viel mehr Sport als früher – was nicht schwer ist, da ich früher gar keinen Sport gemacht habe – und halte Diäten mehr oder weniger durch. Allein die Tatsache, dass ich für sechzig [60!!!!] Minuten joggen kann, ist für mich eine absolute Glanzleistung. Früher konnte ich nicht mal fünf Minuten joggen. Aber was bringt mir meine Sportlichkeit – ja, ich weiß, ich bin noch lange nicht sportlich, aber ich messe das einfach in meinen Maßstäben und demnach hab ich schon fast eine olympische Goldmedaille verdient – und meine Diäten wenn ich immer wieder Schokoladenflashs bekomme und geschätzte drei Kilos auf einmal in mich reinstopfe?
Sobald die Sonne scheint habe ich absolute Glücksmomente und könnte die Welt umarmen, ich verbringe die Zeit mit Büchern, Freunden, der Sonne! Das Leben ist schön, ich genieße mein Leben wie es ist und am nächsten Tag möchte ich stundenlang weinen und das Haus nicht verlassen. Life is suffering. Und ich ein verwöhntes, jammerndes Mittelklassemädchen.

with Love
xoxoxo

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