Ich verstehe das Leben immer noch nicht. Mit viel Ironie und schlechtem Humor versuche ich es zu meistern. Den kleinen Problemen des Alltags stelle ich mich furchtlos entgegen und weine nächtelang wegen der Großen.
Alles in der Hoffnung, mir nicht eines Tages den Kopf zu rasieren und ohne Unterwäsche aus dem Auto zu steigen. Ach, was wären wir alle nur ohne Hollywoodskandale?
Über Kritik zu meinem Versagen in Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung würde ich mich tatsächlich freuen.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Livedokumentation: Essayabgabe


Wenn dich irgendetwas dazu bringt, deine Essays/Hausarbeiten/was auch immer rechtzeitig anzufangen und nicht bis auf die letzte Minute zu verschieben, dann ist es dieser Post! 

Livedokumentation: Essayabgabe

Ich denke, es wird recht unterhaltsam, wenn ich eine Art „Tagebuch“ über meine Verzweiflung führe. Außerdem, was ist besser, als sich ablenken zu können, wenn man sich nicht ablenken lassen sollte? Kurze Situationsbeschreibung: Es ist gerade 20:09 und morgen habe ich Abgabetermin eines achthundert Wort-Essays mit dem Thema: „Why is Albert Angelo considered a postmodern novel?“. Wir müssen mindestens drei Sekundärquellen angeben und am besten wäre es, wenn das ganze Sinn ergibt. Wie im vorherigen Post beschrieben, habe ich gerade eben erst das Word-Dokument geöffnet. Na, wenn das kein guter Start ist.

19:03 Komme zuhause an. Uni war lang, Uni war anstrengend. Warum habe ich das Essay nicht geschrieben als der Abgabetermin noch in weiter Ferne war? Wieso wusste ich von Anfang an, dass ich es die Nacht davor machen würde? Wieso? Uni! Da wollte ich mich eigentlich anstrengend. Ich bin doch jetzt erwachsen. Ich neige leider zum absoluten Verdrängen. Wenn ich etwas ignoriere, wird es nie passieren. Klappt bei Dingen wie Abgabeterminen leider nur nie so ganz. Egal. Jetzt esse ich erst mal was. Essen schadet nie.

20:12 Urgh. Das sieht nach unheimlich viel Arbeit aus. Nachdem ich jetzt schon über meine Situation gebloggt habe und dieses sexy Tagebuch gestartet habe, noch mal schnell zu Rewe Engery Drinks und Snacks kaufen. Das wird definitiv eine Nachtschicht, die ich ohne Coffein nicht überlebe. Nach einer Stunde habe ich noch nicht mal nach einem Sekundärtext gesucht. Wenn ich bedenke, dass meine Semesterbeiträge teilweise dafür genutzt werden, unserer Uni Onlinezugänge zu Zeitschriften zu bezahlen, möchte ich jetzt am liebsten gleich hundert Euro mehr bezahlen. Wenn ich alle Quellen in der Bibliothek finden müsste, wäre ich jetzt ziemlich geliefert.

20:51 Ich wähle den eine-Stunde-Soundtrack von den Avengers als perfekte Arbeitsmusik. Was motiviert mehr zum erfolgreichen Arbeiten als die Avengers? Nichts. Ich werde zu einem Genie wie Iron Man, zu einem perfekten, schwülstigen Englischsprecher wie Thor, zu einem Mensch, der Strategie und Formulierung wie Captain America um sich haut. Ich fühle es in meinem Blut! Wut macht Bruce zu Hulk, Averngermusik macht mich zu Virginia Woolf. Ich merke schon wie mein Blut kocht! Oh, guckt mal! Auf Tumblr hat gerade eine meiner Freunde zwanzig sinnlose Fragen über sich selbst beantwortet. Spannend, sie trägt heute schwarze Unterwäsche mit weißen Punkten. Essay? Was für ein Essay?

21:03 Ich schreibe die erste Facebook-Nachricht an Anna. Ich schildere ihr die Situation. Achthundert Wörter bis morgen. Über ein Thema zu dem ich noch keinen einzigen Sekundärtext gelesen habe. Wieso? Wieso bin ich wie ich bin?

21:05 Ich habe die ersten 29 Wörter. Ist doch gar nicht mal so schlecht, oder? Wenn ich dieses Tempo aufrecht halte, sollte ich in hundert Stunden fertig sein. Aber mein zuckerfreier Red Bull ist fast alle. Wieso trinke ich den eigentlich zuckerfrei? Vermutlich damit ich kein schlechtes Gewissen haben muss, dass ich mir ca. 200 g puren Zucker in Form von Mr. Tom in den Mund schaufel.

22:13 Kaffee. Ich habe Kaffee gekocht. Jeder der mich kennt, wird erstaunt nach Luft schnappen. Ich schmecke Kaffee selbst aus Starbucks-Caramel-Getränken raus und verziehe das Gesicht. Allein der Geruch von Kaffe dreht mir den Magen um. Aber ich bin mir sicher, Coffein wird mein Retter sein. Ich habe eine obszöne Menge Milch und braunen Zucker in die eklig schmeckende, braune Flüssigkeit gerührt. Geschmack ist erträglich, immer noch nicht lecker.

22:16 Meine zweite Nachricht an Anna: “Mich hat das Studentenleben eingeholt. Ich trinke Kaffee. Mit einer obszönen Menge an Milch und Zucker, aber Kaffee. Ich glaube, ich bin nicht zum studieren geeignet. Wenn ich sehe wie viel Spaß es allen macht und ich bin nur heillos überfordert. Versteh mich nicht falsch, es macht Spaß, aber ich schaffe es einfach nicht, dieses Essay zu schreiben. Lieber trinke ich ekligen Kaffee, in der Hoffnung, dass das Coffein die Steuerung in meinem Körper übernimmt und mich zu einem Genie macht. Ich habe nur noch 13 Stunden und 45 Minuten. Aber immerhin schon 29 Wörter. Fehlen ja nur noch 771.“ [Groß- und Kleinschreibung sowie Rechtschreibung nachträglich verändert.]

22:40 Ich fühle mich als wäre ich betrunken. Kaffee tut mir wirklich nicht gut. Alles vor meinen Augen ist verschwommen – ja, ich trage meine Brille, daran liegt es also nicht – in meinem Kopf schwirren Gedanken umher. Ich kann sie nicht festhalten. Ich weiß immer noch nicht, was Postmodernismus ist.

22:53 Eine dritte Nachricht an Anna: „Weißt du was? Ich sende jetzt einfach eine Bewerbung an McDonalds und lass es gut sein“ Der Avengers-Soundtrack ist durch. Ist wohl nichts geworden mit der unheimlichen Motivationskraft. Ich mach Harry Potter an. Ich meine, wo wenn nicht in Hogwarts lernt man am Besten?

23:25 Ich beschließe, den WLAN-Router zu ziehen. Ohne Internet MUSS ich doch arbeiten, oder? Leider stelle ich fest, dass ich den einen Sekundärtext nur mir Internet lesen kann – hey, merkt ihr was? Ich hab zumindest schon angefangen Sekundärtexte zu lesen! Internet-High-Five! – ansonsten findet er immer, wenn ich „umblättere“ die Seite nicht. Wuhu. Ist ja nicht so als würde ich auch nur ein Wort verstehen. Aber wenigstens habe ich wieder Internet und eine Möglichkeit mich vor dem Arbeiten zu drücken. War Tumblr schon immer so spannend?

23:52 ICH HABE DIE EINLEITUNG. Ungefähr einhundertfünfzig Wörter, die mein thesis statement einleiten. Ich bin glücklich, ich könnte weinen vor Freude. Meine Hände zittern. Mein Energydrink ist schon fast wieder alle. Nein, das ist mein letzter. Rewe hat schon zu, macht erst in acht Stunden wieder auf. Ich denke über Rewe nach. Rewe ist ein wichtiger Teil meines Lebens geworden, wenn man bedenkt, dass ich nie einen betreten hatte, bevor ich nach Frankfurt zog.

00:43 Ich weiß nicht, was ich eine Stunde lang getan habe. Ich bin kein Wort weiter. Aber mein Rockstar ist beinah alle. Dann kommt jetzt wohl mein Cola Light Vorrat dran. Vielleicht genehmige ich mir gleich eine Zigarette. Oder trinke doch noch diesen ekligen Kaffee. Ich habe mich jetzt erfolgreich bei jedem Menschen den ich kenne darüber beschwert, dass ich chronisch faul bin. Übrigens habe ich nun zu einer Setlist gewechselt, die abwechselnd Rihanna und Bosse spielt. Musikgeschmack im Keller!

01:19 Oh mein Gott, was war das? Das erste Argument ist komplett formuliert und ich finde es gut. Ich trinke gerade an meiner ersten Flasche Coke dieser Nacht. Ich liebe Cola Light, beste Erfindung Amerikas. Wer Amerika nicht liebt, würdigt Cola Light einfach nicht genug. Ergibt dieser Satz Sinn? Nein, aber muss er das? Nein, nur mein Essay muss Sinn ergeben und oh mein Gott, klingt es bis jetzt gut.

02:02 466 Wörter. Aber ich hab nichts mehr zu sagen. Ich weiß nicht, womit ich noch vierhundert Wörter schaffen soll. Wörter schaffen, so etwas haben nur Genies getan. Wie Goethe. Ich gehöre zu Brechts Knechten. Wörter sind harte Arbeit. Es dauert, sie zu formen. Man muss über sie nachdenken, ihnen Bedeutung geben. Wörter schafft man nicht, man erarbeitet sie. Ich vergleiche mein Essay gerade mit Brecht. Ich sollte super dringend ins Bett. Aber ich habe erst knapp über die Hälfte. Vor allem sind bereits jetzt so viele der Wörter Zitate. Urgh. Ich schmeiße mal schnell die Zitate raus.....

02:04 360 Wörter ohne Zitate. Ich sterbe.

02:13 Ich habe den letzten Riegel aus der Packung Mr. Tom gegessen. Wuhu. Ich habe gerade drei Milliarden Kalorien verdrückt. Gratulation. Wenigstens sinnlos essen kann ich.

02:41 Ich stecke fest. Ich finde nichts worüber ich noch schreiben könnte. Ich meine, natürlich gibt es genug Dinge über die man schreiben könnte, aber ich muss es ja auch belegen, beweisen, wirklich unterstützen können. Argh. Und um ehrlich zu sein, weiß ich noch immer nicht was Postmodernismus ist.

02:50 Ich stelle einen Rekord in Pinkelpausen auf. Und werde nun den Tod des Autors ausnutzen. Wenn es ein Thema gibt, das mir zu den Ohren raushängt, dann ist es der Tod des Autors. Aber ich werde es nun schamlos ausnutzen. Wenn ich irgendwas auf 300 Wörter ausdehnen kann, dann Foucault und Bathes blöden Tod des verdammten Autors.

03:19 675. almost. Ich kann mein Betts schon fast spüren. Die Decke auf meiner Haut, mein Elefant in meinem Arm – ja, ich schlafe mit einem Kuschelelefanten, sein Name ist Törö. Der erste der lacht, kriegt auf's Maul!

03:23 Wusstet ihr, dass Calvin Kleins „Obsession“ anziehend auf Tiger, Jaguar und Löwn wirkt? Also tragt das besser nicht bei der Safari ;-)

03:25 Mal ganz ehrlich, ich habe über 1000 Wörter geschrieben, als ich mich darüber aufregte, dass Disney das Charakterdesign von Merida ändert. Wieso schaff ich dann nicht mal achthundert über ein so ergiebiges Thema???

03:48 Ein Argument. Ich muss nur noch ein einziges Argument finden. Wo hat es sich nur versteckt? Ich brauche nur einen guten Sekundärtext. Und ich wäre fertig. Warum tauchst du nicht auf? Ich glaube, Coffein fließt durch meine Adern. Was ist Blut? Nein, mal ehrlich: Was ist Blut? Habt ihr das jemals verstanden? Rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen. Zu viele weiße Blutkörperchen und wir bekommen Leukämie. In Kinderbüchern werden die Blutkörperchen immer wie kleine Roboter dargestellt. Vielleicht sind wir alle Roboter, gesteuert von Nanorobotern in unserem Blut? Tötet man seine Nanoroboter mit zu viel Alkohol und Coffein? Sind wir nur dann unser wahres Roboter-Ich, wenn die Nanoroboter verwirrt sind? Und weil wir das so peinlich finden, leisten wir freiwillig Aufbauhilfe, retten die Nanoroboter. Wir sind lieber die von Nanorobottern besetzte Version als die ehrliche, peinliche, betrunkene. 

04:30 ES WIRD DOCH WOHL EINE SCHEIß SEKUNDÄRQUELLE GEBEN, DIE MEIN BESCHISSENES DRITTES ARGUMENT UNTERSTÜTZT! WILLST DU KRIEG???!

05:13 Wow. Vor zehn Minuten war es draußen noch dunkel, jetzt höre ich Vögel und es ist wahnsinnig hell. Wtf.

06:23 Ich hab die bibliografische Angabe beendet. Urgh.

06:53 Ein paar stunden Schlaf sind drin, oder?

07:02 Ich lese gerade noch schnell das Essay einer Freundin Korrektur. In meinem Zustand. Haha, aber ich habe immerhin noch ein paar kleine Fehler gefunden. Jetzt aber wirklich ins Bett!

12:00 Mein Wecker klingelt. Ich habe gut geschlafen. Schnell diesen Blog-Eintrag lesen, verbessern, sich über meinen Gehirnzustand wundern. So habe ich ein Essay geschrieben? Kann ja nur absoluter Horror sein. Nun gut, auf das stürze ich mich jetzt noch mal. Werde hoffentlich nicht alles löschen müssen, weil es absoluter Nonsense ist. Ach ja, ich kam tatsächlich auf 950 Wörter.  

1 Kommentar:

  1. Dein Live-Bericht gefällt mir :D und danke für deine Korrekturen :D
    LG Kathy

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